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1. CULIK-FACHTAGUNG
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Lernfelder gestalten - miteinander Lernen - Innovationen vernetzen
12./13. Juni 2003
 

Workshop 5

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Neugestaltung der Abschlussprüfung

Heinfried Rischmüller


Berufsschulunterricht im Spannungsfeld von
KMK-Rahmenlehrplan und IHK-Abschlussprüfung

1  Offizielles Curriculum und heimlicher Lehrplan oder:
Woran orientieren sich die Lehrer letztlich bei ihrer täglichen
Unterrichtsplanung und -durchführung?

Die Zielsetzungen des Modellversuchs CULIK sind vielfältig, und sie sind anspruchsvoll.
Die verschiedenen Teams an den beteiligten Standorten in Hamburg, Göttingen, Oldenburg, Stade und Hannover betreiben schulnahe Curriculumentwicklung; sie versuchen dabei gleichzeitig einen Lern- und Qualifizierungsprozess zu etablieren. Gemeinsamer Bezugspunkt dieser Arbeits- und Kommunikationsprozesse ist der neue bundeseinheitliche KMK-Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Industriekaufmann/Industriekauffrau, der mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 14.06.2002 in Kraft getreten ist. Dieser Rahmenlehrplan (RLP) für den berufsbezogenen Unterricht der Berufsschule folgt dem Lernfeldkonzept; seine inhaltliche Gliederung weist 12 Lernfelder auf

Der RLP stellt als Ordnungsmittel die curriculare Vorgabe für den Unterricht im berufsspezifischen Unterricht der Auszubildenden zum Industriekaufmann dar. Insofern ist es konsequent und nur folgerichtig, wenn im Zentrum der curricularen Überlegungen und Entwicklungsarbeiten der CULIK-Teams und auch der wissenschaftlichen Begleitung der RLP mit seinen ausgewiesenen Lernzielen und Lerninhalten steht. Ziel ist es, komplexe Lehr-Lern-Arrangements zu entwickeln und die Umsetzung des RLP mit seinem Lern-feldansatz zu stützen.

Bei dieser Konzentration auf den RLP wurden zwei wesentliche Rahmenbedingungen ausgeblendet, die für das Verständnis des gesamten Systems der Berufsausbildung von Industriekaufleuten sehr wichtig sind: Die IHK-Abschlussprüfungen und der AkA-Stoffkatalog.

Die Abkürzung AkA steht für „Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen“. Die Geschäftsführung dieser Aufgabenstelle hat die Industrie- und Handelskammer Nürnberg. Inzwischen wurde aus der AkA die GBA. Diese Abkürzung bedeutet: „Geschäftsstelle für die bundesweite Erstellung der Abschlussprüfung“.

Von beiden Rahmenbedingungen geht die „normative Kraft des Faktischen“ aus. Es ist kein Geheimnis, dass der „AkA-Stoffkatalog“ und die verfügbaren Fragen und Aufgaben der zurückliegenden IHK-Abschlussprüfungen für viele Lehrkräfte eine dominierende Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung ihres Unterrichts spielen. Es gibt im Schulalltag das offizielle Curriculum (der KMK-RLP) und es gibt einen „heimlichen“ Lehrplan, der aber gar nicht so heimlich ist.

Wie sieht die Praxis aus? Wie funktioniert das System?

In den meisten Schulen gibt es einen Stoff(verteilungs)plan. Dieser Plan, der i. d. R. von den Mitgliedern der Fachgruppe Industrie erstellt wird, ist nicht ziel-, sondern inhaltsorientiert; er listet die zu unterrichtenden Lerninhalte übersichtlich auf und bildet die Grundlage für die Verteilung der Aufgaben und der Unterrichtsstunden auf die beteiligten Kollegen. Stoffpläne schaffen auf diese Weise Planungssicherheit und sie versprechen auch Verhaltenssicher-heit. Beide Aspekte spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle und sind zum Verständnis systemischer Zusammenhänge nicht zu unterschätzen. Bei der Erstellung durch die Fach-gruppe wird natürlich der RLP berücksichtigt, der AkA-Stoffkatalog spielt aber i. d. R. eine größere Rolle, auch und vor allem weil er so klar geordnet ist und die Erstellung des schulischen Stoff(verteilungs-)plan sehr erleichtert.

Als drittes bedeutendes Element im System des Berufsschulunterrichts ist das eingeführte Lehrbuch zu nennen, an dem viele Lehrer ihren Unterricht ausrichten.

In diesem Viereck

  • KMK-Rahmenlehrplan
  • IHK-Stoffkatalog und IHK-Abschlussprüfungen
  • Schulischer Stoff(verteilungs-)plan
  • Lehrbuch

findet die Unterrichts-Praxis statt, in diesem Viereck bewegen sich die Lehrkräfte bei ihrer täglichen Arbeit.

2  Systemische Zusammenhänge in der Berufsausbildung zum
Industriekaufmann oder: Die dominierende Rolle des AkA-Stoffkatalogs

Zwischen dem AkA-Stoffkatalog und den Aufgaben der IHK-Abschlussprüfung gibt es einen direkten und systematischen Zusammenhang: Die Aufgaben der Abschlussprüfung richten sich am Stoffkatalog aus. Der Stoffkatalog wiederum wurde weitgehend auf der Grundlage des Ausbildungsrahmenplans erstellt. Die im Stoffkatalog aufgelisteten Inhalte folgen der sachlichen Gliederung des Ausbildungsrahmenplans (siehe Anlage 1 zu § 5 der Ausbildungsordnung) und den dort genannten Fertigkeiten und Kenntnissen.

Damit wird erkennbar, wie das System funktioniert und welchen starken Einfluss die Geschäftsstelle für die bundesweite Erstellung der Aufgaben für die Abschlussprüfung (GBA) mit seinem überregionalen Fachausschuss und den drei zugeordneten regionalen Aufgabenerstellungs- und Vorbesprechungs-ausschüssen hat.

Der neue Stoffkatalog wurde vom zuständigen AkA-Fachausschuss erarbeitet. Mit dem Stoff-katalog werden nach FEHM (1996, 105) jene legislativen Grundlagen (sprich Ausbildungs-rahmenplan und KMK-Rahmenlehrplan) „durch den zuständigen Ausschuss interpretiert, präzisiert und für das alltägliche Prüfungsgeschehen operationalisiert“. Konkret bedeutet das, dass die Personen dieses Ausschusses Festlegungen treffen, die keiner weiteren Überprüfung einer anderen Instanz unterworden sind.

Von der Qualität des Stoffkatalogs hängt extrem viel ab, denn er informiert schließlich über mögliche Inhalte der schriftlichen Abschlussprüfung in drei von vier Prüfungsbereichen:

  • Geschäftsprozesse
  • Kaufmännische Steuerung und Kontrolle
  • Wirtschafts- und Sozialkunde.

Diese drei Prüfungsbereiche machen zusammen 70% der Abschlussprüfung aus. Der Stoffkatalog enthält allerdings keine Angaben zum Prüfungsbereich „Einsatzgebiet“, dem ein Gewicht von 30% an der Abschlussprüfung zukommt.

3  Aufbau und Inhalte des AkA-Stoffkatalogs

Der Stoffkatalog ist nach Prüfungsbereichen aufgebaut. Jeder Prüfungsbereich ist in mehrere Gebiete gegliedert. Jedes Gebiet weist mehrere Fragenkomplexe auf. Diesen Fragenkomplexen sind jeweils Themenkreise zugeordnet. Zusätzlich werden in der Spalte Beispiele für betriebliche Handlungen genannt. Diese betrieblichen Handlungen sind nach dem Modell der vollständigen Handlung klassifiziert in Planung (P), Durchführung (D) und Kontrolle (K).

Die im Stoffkatalog aufgeführten Fragenkomplexe sollen die zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnisse gemäß Anlage 1 zu § 5 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann/zur Industriekauffrau (VO) im selben Wortlaut abbilden. Sie sollen auch relativ präzise Hinweise auf die jeweilige Lernzielkategorie bzw. Lernzielebene liefern. Die Themenkreise geben mit ihren Fachbegriffen und Stichworten direkte Hinweise auf mögliche Prüfungsaufgaben der Abschlussprüfung. Die Aufgabenersteller müssen bei jeder erstellten Aufgaben genau angeben, welcher Position des Stoffkatalogs diese Aufgabe zuzuordnen ist.

Innerhalb der Prüfungsbereiche Geschäftsprozesse sowie Kaufmännische Steuerung und Kontrolle entspricht die Gliederung des Stoffkatalogs voll den Vorgaben des Ausbildungsrahmenplans.

3.1 Der Prüfungsbereich Geschäftsprozesse

01 Der Ausbildungsbetrieb
0101 Stellen, Rechtsform und Struktur
0102 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit
0103 Umweltschutz

02 Geschäftsprozesse und Märkte
0201 Märkte, Kunden, Produkte und Dienstleistungen
0202 Geschäftsprozesse und organisatorische Strukturen

03 Integrative Unternehmensprozesse
0301 Logistik
0302 Qualität und Innovation

04 Marketing und Absatz
0401 Auftragsanbahnung und -vorbereitung
0402 Auftragsbearbeitung
0403 Auftragsnachbereitung und Service

05 Beschaffung und Bevorratung
0501 Bedarfsermittlung und Disposition
0502 Bestelldurchführung
0503 Vorratshaltung und Beständeverwaltung

06 Personal
0601 Rahmenbedingungen, Personalplanung
0602 Personaldienstleistungen
0603 Personalentwicklung

07 Leistungserstellung
0701 Produkte und Dienstleistungen
0702 Prozessunterstützung

3.2 Der Prüfungsbereich Kaufmännische Steuerung und Kontrolle

08 Leistungsabrechnung
0801 Buchhaltungsvorgänge
0802 Kosten- und Leistungsrechnung
0803 Erfolgrechung und Abschluss

3.3 Der Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde

Im Prüfungsbereich WISO wurden die Fragenkomplexe nach Aussage der GBA aus dem KMK-Rahmenlehrplan bzw. aus der genannten Anlage 1 zu § 5 VO „abgeleitet“.

Der Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde wurde in vier Gebiete aufgeteilt:

11 Grundtatbestände industriellen Wirtschaftens
1101 Notwendigkeit und Realisierung wirtschaftlichen Handelns
1102 Stellung des Ausbildungsbetriebes in der Gesamtwirtschaft
1103 Ausbildung und Beruf des Industriekaufmanns/der Industriekauffrau

12 Rechtliche Rahmenbedingungen des Wirtschaftens
1201 Allgemeine rechtliche Grundlagen
1202 Handelsrechtliche Rahmenbedingungen
1203 Arbeits- und sozialrechtliche Grundlagen
1204 Rechtsformen der Unternehmung

13 Das Unternehmen im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang
1301 Investition und Wirtschaftswachstum
1302 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
1303 Soziale Marktwirtschaft und Wettbewerbspolitik

14 Der Einfluss mittelfristiger staatlicher Wirtschaftspolitik
1401 Konjunkturen als Gründe staatlicher Wirtschaftspolitik
1402 Ziele und Zielkonflikte staatlicher Konjunkturpolitik
1403 Geld- und Fiskalpolitik als Maßnahmen staatlicher Konjunkturpolitik

3.4 Information, Kommunikation, Arbeitsorganisation und Integrative
Unternehmensprozesse

Die Inhalte der Bereiche 09 Information, Kommunikation, Arbeitsorganisation und 10 Integrative Unternehmensprozesse werden von der AkA sowohl dem Prüfungsbereich Geschäftsprozesse als auch dem Prüfungsbereich Kaufmännische Steuerung und Kontrolle zugeordnet; sie können deshalb auch Gegenstand von Aufgaben in beiden Prüfungsbereichen sein.

09 Information, Kommunikation, Arbeitsorganisation
0901 Informationsbeschaffung und -verarbeitung
0902 Informations- und Kommunikationssysteme
0903 Planung und Organisation
0904 Teamarbeit, Kommunikation und Präsentation
0905 Anwendung einer Fremdsprache bei Fachaufgaben

10 Integrative Unternehmensprozesse
1001 Finanzierung
1002 Controlling

4  Mögliche Schlussfolgerungen und Konsequenzen für den MV CULIK

Eine Analyse des neuen AkA-Stoffkatalogs macht schnell deutlich, dass die bisher vorliegenden curricularen Entwicklungsarbeiten der Culik-Teams nicht zwangsläufig gewährleisten, dass die so unterrichteten Auszubildenden die Aufgaben der IHK-Abschlussprüfung erfolgreich bewältigen können. Ein Abgleich zwischen den im KMK-RLP genannten Inhalten und den Inhalten des AKA-Stoffkatalogs offenbart erhebliche Diskrepanzen. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Einerseits sind bestimmte Ziele und Inhalte der 12 Lernfelder des RLP nicht Gegenstand der Abschlussprüfung; andererseits wird ein Teil der möglichen Aufgaben der Abschlussprüfung, die sich an den Themenkreisen des AkA-Stoffkatalogs ausrichten, nicht zwangsläufig durch einen Berufsschulunterricht abgedeckt, der ausschließlich den Vorgaben des RLP folgt.

Nun wäre es denkbar folgende Position zu beziehen: Maßgebend für den Berufsschulunterricht ist der KMK-Rahmenlehrplan und nicht der AkA-Stoffkatalog. Der Erfolg des Berufsschulunterrichts wird deshalb auch nicht durch die IHK-Abschlussprüfung gemessen. Wenn sich die Aufgaben der Abschussprüfung weitgehend nicht am (schulischen) KMK-RLP sondern am (betrieblichen) Ausbildungsrahmenplan orientieren, dann haben folglich auch die Ausbildungsbetriebe die Hauptverantwortung für eine adäquate Vorbereitung auf diese Abschlussprüfung zu tragen.

Diese Position lässt sich in der Praxis nicht durchhalten. Die Berufsschullehrer müssen auch die Anforderungen der Abschlussprüfung bei ihrer Unterrichtsplanung und -durchführung berücksichtigen.

Nach dem Berufsbildungsgesetz ist die berufliche Bildung in Deutschland an der Schnittstelle von Bildungssystem und Beschäftigungssystem positioniert. Die Abschlussprüfung stellt sowohl ein Abschlusszertifikat eines beruflichen Bildungsganges als auch ein Berufseingangszertifikat dar (vgl. REISSE, 1992, 284). Die Prüflinge können die Ergebnisse ihrer Abschlussprüfung als Rückmeldung über ihren Lernerfolg auffassen. Für die einstellenden Betriebe sind die Noten der Abschlussprüfung ein wichtiger Hinweis auf die Eignung eines Bewerbers auf einen Arbeitsplatz. Weil die Personalabeilungen der Industriebetriebe nach wie vor in ihrer Einstellungspraxis den Ergebnissen der Abschlussprüfung eine hohe Bedeutung beimessen, muss der Abschlussprüfung auch eine sehr große Bedeutung hinsichtlich der Beschäftigungschancen der jungen Nachwuchskräfte beigemessen werden (vgl. dazu auch FEHM 1996, 10).

Was passiert in der Praxis? Wie wird das Problem von den Akteuren innerhalb der derzeitigen Rahmenbedingungen des Systems gelöst? Es ist eine hinlänglich bekannte Tatsache, dass es vor allem Berufsschullehrer sind, die mit Nebentätigkeiten in den Ausbildungsbetrieben die gezielte Vorbereitung der Auszubildenden auf die Abschlussprüfung übernehmen. Es ist auch nicht zu leugnen, dass ein Großteil der Berufsschullehrer und -lehrerinnen ihren Unterricht stark an den Vorgaben des AkA-Stoffkatalogs ausrichten und die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung dadurch zu optimieren versuchen, dass sie im Unterricht die IHK-Prüfungsfragen der letzten Jahre mehr oder weniger intensiv behandeln. Da bisher immer ein Teil der Prüfungsfragen aus der AkA-Datenbank entnommen wurde, stieg die Wahrschein-lichkeit einer erfolgreichen Abschlussprüfung mit der Anzahl der gelernten bisherigen Prüfungsfragen. Auswendiglernen und rein reproduktives Wissen stellte in der Vergangenheit eine hinreichende Garantie für das Bestehen der Abschlussprüfung dar. Das relativ gute Abschneiden der so unterrichteten Schüler gab den Kollegen – auch und vor allem in den Augen der Ausbildungsbetriebe – bisher Recht. Insoweit gab es keinen Anlass, von dieser „bewährten Praxis“ abzuweichen. Aus Sicht der Systemtheorie lässt sich sagen: Das System war relativ stabil und es stabilisierte sich immer wieder neu aufgrund der beschriebenen Mechanismen und Abhängigkeiten.

Falls sich diese Tradition so fortsetzen würde, blieben die Intentionen und Vorgaben des neuen KMK-RLP und insbesondere auch die curricularen Entwicklungsarbeiten des Modellversuchs CULIK weitgehend folgenlos für den Berufsschulunterricht der angehenden Industriekaufleute. Es wäre dann nicht zu erwarten, dass die Intentionen des Modellversuchs CULIK und die durchaus vorzeigbaren bisherigen Ergebnisse eine breitere Wirkung in den Schulen entfalten werden.

Im Projektantrag für den Modellversuch CULIK wurde darauf hingewiesen, dass mit der Verlagerung der Curriculumarbeit an die Schulen im Zuge der neuen Rahmenlehrpläne die Gefahr verbunden ist, dass sich angesichts der Offenheit der Vorgaben und der Komplexität der Entwicklungsaufgabe andere Regulative faktisch durchsetzen, nämlich konventionelle Leitbilder eines stofforientierten Unterrichts, gestützt durch die Fachsozialisation der Lehrkräfte, entsprechend ausgerichtete Lehrbücher, Stoffkataloge und Prüfungsmodalitäten der Ausbildungsabschlussprüfungen sowie die einschlägig akzentuierten Lernerfahrungen und Unterrichtserwartungen der Schüler.
Auf die hier aufgezeigten systemischen Zusammenhänge wurde im Modellversuch CULIK bisher noch keine befriedigende Antwort gefunden. Wir hoffen, dass dieser Workshop dazu beiträgt, Antworten zu finden und vor allem auch, die richtigen Fragen zu stellen und die Suchrichtung zujustieren. Die Zeichen stehen gut, dass es jetzt auch im Ausbildungsberuf Industriekaufmann/-kauffrau zu grundlegenden Änderungen kommen wird. Die Neuordnung erzwingt auch eine Neugestaltung der Abschlussprüfung.

5  Neugestaltung der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf
Industriekaufmann/Industriekauffrau

Die IHK-Abschlussprüfung für Industriekaufleute ändert sich. Die Veränderungen sind aufgrund der neuen Ausbildungsordnung zwingend. Die AkA, der zuständige überregionale Fachausschuss und die drei regionalen Aufgabenerstellungsausschüsse unterstützen diese Neugestaltung auf verschiedene Weise. Folgende Veränderungen zeichnen sich ab:

a) Handlungsorientierte Prüfungsaufgaben: Die Prüfungsaufgaben sollen handlungsorien-tiert sein, denn die Prüfung von Handlungskompetenz setzt handlungsorientierte Prüfungs-aufgaben voraus. Diese Aussage wurde bereits im September 1998 von der AkA gemacht.

b) Merkmale handlungsorientierter Prüfungsaufgaben sind nach Auffassung der AkA folgende fünf Eigenschaften:

1. Situationsvorgabe
2. Praxisorientierung
3. Adressatenorientierung
4. Aktivitätsorientierung
5. Prozessorientierung.

c) Klassifizierung der Aufgaben nach Kompetenzen
Alle Aufgaben für die Abschlussprüfung werden nach der Kompetenz, die sie prüfen, eingestuft. Dabei erfolgt eine Aufteilung der Handlungskompetenz in die beiden Bereiche

  • Fachkompetenz und
  • Methodenkompetenz.

Alle Aufgaben, die die Lernzielstufe Wissen ansprechen und nicht handlungsorientiert sind, werden als reine Fachkompetenz (RF) eingestuft

Die Methodenkompetenz umfasst die eigentliche Handlungskompetenz und enthält mehrere Handlungselemente; sie wird weiter untergliedert in

1. Planung (P)
2. Durchführung (D)
3. Kontrolle (K) und
4. Sonstige Handlungselemente (SH)

Als sonstige Handlungselemente werden von der AkA die ersten sechs Punkte des folgenden Schemas von DÖRNER zum Problemlöse-/Entscheidungsprozess betrachtet:

1. Problemdefinition
2. Zielformulierung
3. Analyse
4. Suche nach Lösungsalternativen
5. Bewertung von Lösungsalternativen
6. Entscheidung für eine Alternative
7. Planung
8. Durchführung
9. Kontrolle.

d) Abkehr von den bisher dominierenden gebundenen, so genannten Multiple-Choice-Aufgaben hin zu handlungsorientierten ungebundenen Mehrfach-Frage-Aufgaben. Bereits für die kommenden Abschlussprüfungen nach der neuen Ausbildungsordnung werden im Prüfungsbereich Geschäftsprozesse die Mehrzahl der Aufgaben aus konventionellen offenen Fragen bestehen, zu denen der Prüfling die richtigen Antworten aufschreiben muss.

e) Vermehrt Verständnisfragen statt der in der Vergangenheit vorherrschenden Wissens-fragen, die auf die reine Fachkompetenz zielen. Dadurch sollen auch „höherwertige“ Lernziele (z. B. gemäß der Lernzieltaxonomie von BLOOM) angestrebt werden.

f) Situationsvorgabe und stärkere Praxisorientierung durch Verwendung eines Modellunter-nehmens. Ein Großteil der Aufgaben eines Prüfungstermins bezieht sich auf das sämtlichen Prüfungsaufgaben vorangestellte Unternehmen, das quasi als Modellunternehmen fungiert, und greift idealtypische Handlungssituationen auf der Ebene kaufmännischer Sachbearbeitung in diesem Unternehmen auf.

g) Die Aufgaben werden in Form von Fällen bzw. Fallsituationen gestellt. Es werden praxisnahe Handlungs- und Entscheidungssituationen geschildert, denen jeweils einzelne Teilaufgaben zugeordnet werden. Eine Aufgabe, die jeweils mit einer Situationsbeschreibung beginnt, kann mehrere (Teil-)Aufgaben, zwischen 4 und 10, enthalten.

6 Leitfragen für den Workshop 5:


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