Berufsschulunterricht
im Spannungsfeld von
KMK-Rahmenlehrplan und IHK-Abschlussprüfung
1 Offizielles Curriculum
und heimlicher Lehrplan oder:
Woran orientieren sich die Lehrer letztlich bei ihrer täglichen
Unterrichtsplanung und -durchführung?
Die Zielsetzungen des Modellversuchs
CULIK sind vielfältig, und sie sind anspruchsvoll.
Die verschiedenen Teams an den beteiligten Standorten in Hamburg,
Göttingen, Oldenburg, Stade und Hannover betreiben schulnahe
Curriculumentwicklung; sie versuchen dabei gleichzeitig einen
Lern- und Qualifizierungsprozess zu etablieren. Gemeinsamer
Bezugspunkt dieser Arbeits- und Kommunikationsprozesse ist
der neue bundeseinheitliche KMK-Rahmenlehrplan für den
Ausbildungsberuf Industriekaufmann/Industriekauffrau, der
mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 14.06.2002
in Kraft getreten ist. Dieser Rahmenlehrplan (RLP) für
den berufsbezogenen Unterricht der Berufsschule folgt dem
Lernfeldkonzept; seine inhaltliche Gliederung weist 12 Lernfelder
auf
Der RLP stellt als Ordnungsmittel die
curriculare Vorgabe für den Unterricht im berufsspezifischen
Unterricht der Auszubildenden zum Industriekaufmann dar. Insofern
ist es konsequent und nur folgerichtig, wenn im Zentrum der
curricularen Überlegungen und Entwicklungsarbeiten der
CULIK-Teams und auch der wissenschaftlichen Begleitung der
RLP mit seinen ausgewiesenen Lernzielen und Lerninhalten steht.
Ziel ist es, komplexe Lehr-Lern-Arrangements zu entwickeln
und die Umsetzung des RLP mit seinem Lern-feldansatz zu stützen.
Bei dieser Konzentration auf den RLP
wurden zwei wesentliche Rahmenbedingungen ausgeblendet, die
für das Verständnis des gesamten Systems der Berufsausbildung
von Industriekaufleuten sehr wichtig sind: Die IHK-Abschlussprüfungen
und der AkA-Stoffkatalog.
Die Abkürzung AkA steht
für „Aufgabenstelle für kaufmännische
Abschluss- und Zwischenprüfungen“. Die Geschäftsführung
dieser Aufgabenstelle hat die Industrie- und Handelskammer
Nürnberg. Inzwischen wurde aus der AkA die GBA. Diese
Abkürzung bedeutet: „Geschäftsstelle für
die bundesweite Erstellung der Abschlussprüfung“.
Von beiden Rahmenbedingungen geht die
„normative Kraft des Faktischen“ aus. Es ist kein
Geheimnis, dass der „AkA-Stoffkatalog“ und die
verfügbaren Fragen und Aufgaben der zurückliegenden
IHK-Abschlussprüfungen für viele Lehrkräfte
eine dominierende Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung
ihres Unterrichts spielen. Es gibt im Schulalltag das offizielle
Curriculum (der KMK-RLP) und es gibt einen „heimlichen“
Lehrplan, der aber gar nicht so heimlich ist.
Wie sieht die Praxis aus? Wie funktioniert
das System?
In den meisten Schulen gibt es einen
Stoff(verteilungs)plan. Dieser Plan, der i. d. R. von den
Mitgliedern der Fachgruppe Industrie erstellt wird, ist nicht
ziel-, sondern inhaltsorientiert; er listet die zu unterrichtenden
Lerninhalte übersichtlich auf und bildet die Grundlage
für die Verteilung der Aufgaben und der Unterrichtsstunden
auf die beteiligten Kollegen. Stoffpläne schaffen auf
diese Weise Planungssicherheit und sie versprechen auch Verhaltenssicher-heit.
Beide Aspekte spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle
und sind zum Verständnis systemischer Zusammenhänge
nicht zu unterschätzen. Bei der Erstellung durch die
Fach-gruppe wird natürlich der RLP berücksichtigt,
der AkA-Stoffkatalog spielt aber i. d. R. eine größere
Rolle, auch und vor allem weil er so klar geordnet ist und
die Erstellung des schulischen Stoff(verteilungs-)plan sehr
erleichtert.
Als drittes bedeutendes Element im System
des Berufsschulunterrichts ist das eingeführte Lehrbuch
zu nennen, an dem viele Lehrer ihren Unterricht ausrichten.
In diesem Viereck
- KMK-Rahmenlehrplan
- IHK-Stoffkatalog und IHK-Abschlussprüfungen
- Schulischer Stoff(verteilungs-)plan
- Lehrbuch
findet die Unterrichts-Praxis statt,
in diesem Viereck bewegen sich die Lehrkräfte bei ihrer
täglichen Arbeit.
2 Systemische Zusammenhänge
in der Berufsausbildung zum
Industriekaufmann oder: Die dominierende Rolle des AkA-Stoffkatalogs
Zwischen dem AkA-Stoffkatalog und den
Aufgaben der IHK-Abschlussprüfung gibt es einen direkten
und systematischen Zusammenhang: Die Aufgaben der Abschlussprüfung
richten sich am Stoffkatalog aus. Der Stoffkatalog wiederum
wurde weitgehend auf der Grundlage des Ausbildungsrahmenplans
erstellt. Die im Stoffkatalog aufgelisteten Inhalte folgen
der sachlichen Gliederung des Ausbildungsrahmenplans (siehe
Anlage 1 zu § 5 der Ausbildungsordnung) und den dort
genannten Fertigkeiten und Kenntnissen.
Damit wird erkennbar, wie das System
funktioniert und welchen starken Einfluss die Geschäftsstelle
für die bundesweite Erstellung der Aufgaben für
die Abschlussprüfung (GBA) mit seinem überregionalen
Fachausschuss und den drei zugeordneten regionalen Aufgabenerstellungs-
und Vorbesprechungs-ausschüssen hat.
Der neue Stoffkatalog wurde vom zuständigen
AkA-Fachausschuss erarbeitet. Mit dem Stoff-katalog werden
nach FEHM (1996, 105) jene legislativen Grundlagen (sprich
Ausbildungs-rahmenplan und KMK-Rahmenlehrplan) „durch
den zuständigen Ausschuss interpretiert, präzisiert
und für das alltägliche Prüfungsgeschehen operationalisiert“.
Konkret bedeutet das, dass die Personen dieses Ausschusses
Festlegungen treffen, die keiner weiteren Überprüfung
einer anderen Instanz unterworden sind.
Von der Qualität des Stoffkatalogs
hängt extrem viel ab, denn er informiert schließlich
über mögliche Inhalte der schriftlichen Abschlussprüfung
in drei von vier Prüfungsbereichen:
- Geschäftsprozesse
- Kaufmännische Steuerung und
Kontrolle
- Wirtschafts- und Sozialkunde.
Diese drei Prüfungsbereiche
machen zusammen 70% der Abschlussprüfung aus. Der Stoffkatalog
enthält allerdings keine Angaben zum Prüfungsbereich
„Einsatzgebiet“, dem ein Gewicht von 30% an der
Abschlussprüfung zukommt.
3 Aufbau und Inhalte des
AkA-Stoffkatalogs
Der Stoffkatalog ist nach Prüfungsbereichen
aufgebaut. Jeder Prüfungsbereich ist in mehrere Gebiete
gegliedert. Jedes Gebiet weist mehrere Fragenkomplexe auf.
Diesen Fragenkomplexen sind jeweils Themenkreise zugeordnet.
Zusätzlich werden in der Spalte Beispiele für betriebliche
Handlungen genannt. Diese betrieblichen Handlungen sind nach
dem Modell der vollständigen Handlung klassifiziert in
Planung (P), Durchführung (D) und Kontrolle (K).
Die im Stoffkatalog aufgeführten
Fragenkomplexe sollen die zu vermittelnden Fertigkeiten und
Kenntnisse gemäß Anlage 1 zu § 5 der Verordnung
über die Berufsausbildung zum Industriekaufmann/zur Industriekauffrau
(VO) im selben Wortlaut abbilden. Sie sollen auch relativ
präzise Hinweise auf die jeweilige Lernzielkategorie
bzw. Lernzielebene liefern. Die Themenkreise geben mit ihren
Fachbegriffen und Stichworten direkte Hinweise auf mögliche
Prüfungsaufgaben der Abschlussprüfung. Die Aufgabenersteller
müssen bei jeder erstellten Aufgaben genau angeben, welcher
Position des Stoffkatalogs diese Aufgabe zuzuordnen ist.
Innerhalb der Prüfungsbereiche
Geschäftsprozesse sowie Kaufmännische Steuerung
und Kontrolle entspricht die Gliederung des Stoffkatalogs
voll den Vorgaben des Ausbildungsrahmenplans.
3.1 Der Prüfungsbereich
Geschäftsprozesse
01 Der Ausbildungsbetrieb
0101 Stellen, Rechtsform und Struktur
0102 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit
0103 Umweltschutz
02 Geschäftsprozesse
und Märkte
0201 Märkte, Kunden, Produkte und Dienstleistungen
0202 Geschäftsprozesse und organisatorische Strukturen
03 Integrative Unternehmensprozesse
0301 Logistik
0302 Qualität und Innovation
04 Marketing und Absatz
0401 Auftragsanbahnung und -vorbereitung
0402 Auftragsbearbeitung
0403 Auftragsnachbereitung und Service
05 Beschaffung und Bevorratung
0501 Bedarfsermittlung und Disposition
0502 Bestelldurchführung
0503 Vorratshaltung und Beständeverwaltung
06 Personal
0601 Rahmenbedingungen, Personalplanung
0602 Personaldienstleistungen
0603 Personalentwicklung
07 Leistungserstellung
0701 Produkte und Dienstleistungen
0702 Prozessunterstützung
3.2 Der Prüfungsbereich
Kaufmännische Steuerung und Kontrolle
08 Leistungsabrechnung
0801 Buchhaltungsvorgänge
0802 Kosten- und Leistungsrechnung
0803 Erfolgrechung und Abschluss
3.3 Der Prüfungsbereich
Wirtschafts- und Sozialkunde
Im Prüfungsbereich WISO wurden die
Fragenkomplexe nach Aussage der GBA aus dem KMK-Rahmenlehrplan
bzw. aus der genannten Anlage 1 zu § 5 VO „abgeleitet“.
Der Prüfungsbereich Wirtschafts-
und Sozialkunde wurde in vier Gebiete aufgeteilt:
11 Grundtatbestände
industriellen Wirtschaftens
1101 Notwendigkeit und Realisierung wirtschaftlichen Handelns
1102 Stellung des Ausbildungsbetriebes in der Gesamtwirtschaft
1103 Ausbildung und Beruf des Industriekaufmanns/der Industriekauffrau
12 Rechtliche Rahmenbedingungen
des Wirtschaftens
1201 Allgemeine rechtliche Grundlagen
1202 Handelsrechtliche Rahmenbedingungen
1203 Arbeits- und sozialrechtliche Grundlagen
1204 Rechtsformen der Unternehmung
13 Das Unternehmen im
gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang
1301 Investition und Wirtschaftswachstum
1302 Wirtschaftskreislauf und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
1303 Soziale Marktwirtschaft und Wettbewerbspolitik
14 Der Einfluss
mittelfristiger staatlicher Wirtschaftspolitik
1401 Konjunkturen als Gründe staatlicher Wirtschaftspolitik
1402 Ziele und Zielkonflikte staatlicher Konjunkturpolitik
1403 Geld- und Fiskalpolitik als Maßnahmen staatlicher
Konjunkturpolitik
3.4 Information, Kommunikation,
Arbeitsorganisation und Integrative
Unternehmensprozesse
Die Inhalte der Bereiche 09 Information,
Kommunikation, Arbeitsorganisation und 10 Integrative Unternehmensprozesse
werden von der AkA sowohl dem Prüfungsbereich Geschäftsprozesse
als auch dem Prüfungsbereich Kaufmännische Steuerung
und Kontrolle zugeordnet; sie können deshalb auch Gegenstand
von Aufgaben in beiden Prüfungsbereichen sein.
09 Information, Kommunikation,
Arbeitsorganisation
0901 Informationsbeschaffung und -verarbeitung
0902 Informations- und Kommunikationssysteme
0903 Planung und Organisation
0904 Teamarbeit, Kommunikation und Präsentation
0905 Anwendung einer Fremdsprache bei Fachaufgaben
10 Integrative
Unternehmensprozesse
1001 Finanzierung
1002 Controlling
4 Mögliche Schlussfolgerungen
und Konsequenzen für den MV CULIK
Eine Analyse des neuen AkA-Stoffkatalogs
macht schnell deutlich, dass die bisher vorliegenden curricularen
Entwicklungsarbeiten der Culik-Teams nicht zwangsläufig
gewährleisten, dass die so unterrichteten Auszubildenden
die Aufgaben der IHK-Abschlussprüfung erfolgreich bewältigen
können. Ein Abgleich zwischen den im KMK-RLP genannten
Inhalten und den Inhalten des AKA-Stoffkatalogs offenbart
erhebliche Diskrepanzen. Die Konsequenzen liegen auf der Hand:
Einerseits sind bestimmte Ziele und Inhalte der 12 Lernfelder
des RLP nicht Gegenstand der Abschlussprüfung; andererseits
wird ein Teil der möglichen Aufgaben der Abschlussprüfung,
die sich an den Themenkreisen des AkA-Stoffkatalogs ausrichten,
nicht zwangsläufig durch einen Berufsschulunterricht
abgedeckt, der ausschließlich den Vorgaben des RLP folgt.
Nun wäre es denkbar folgende Position
zu beziehen: Maßgebend für den Berufsschulunterricht
ist der KMK-Rahmenlehrplan und nicht der AkA-Stoffkatalog.
Der Erfolg des Berufsschulunterrichts wird deshalb auch nicht
durch die IHK-Abschlussprüfung gemessen. Wenn sich die
Aufgaben der Abschussprüfung weitgehend nicht am (schulischen)
KMK-RLP sondern am (betrieblichen) Ausbildungsrahmenplan orientieren,
dann haben folglich auch die Ausbildungsbetriebe die Hauptverantwortung
für eine adäquate Vorbereitung auf diese Abschlussprüfung
zu tragen.
Diese Position lässt sich in der
Praxis nicht durchhalten. Die Berufsschullehrer müssen
auch die Anforderungen der Abschlussprüfung bei ihrer
Unterrichtsplanung und -durchführung berücksichtigen.
Nach dem Berufsbildungsgesetz ist die
berufliche Bildung in Deutschland an der Schnittstelle von
Bildungssystem und Beschäftigungssystem positioniert.
Die Abschlussprüfung stellt sowohl ein Abschlusszertifikat
eines beruflichen Bildungsganges als auch ein Berufseingangszertifikat
dar (vgl. REISSE, 1992, 284). Die Prüflinge können
die Ergebnisse ihrer Abschlussprüfung als Rückmeldung
über ihren Lernerfolg auffassen. Für die einstellenden
Betriebe sind die Noten der Abschlussprüfung ein wichtiger
Hinweis auf die Eignung eines Bewerbers auf einen Arbeitsplatz.
Weil die Personalabeilungen der Industriebetriebe nach wie
vor in ihrer Einstellungspraxis den Ergebnissen der Abschlussprüfung
eine hohe Bedeutung beimessen, muss der Abschlussprüfung
auch eine sehr große Bedeutung hinsichtlich der Beschäftigungschancen
der jungen Nachwuchskräfte beigemessen werden (vgl. dazu
auch FEHM 1996, 10).
Was passiert in der Praxis? Wie wird
das Problem von den Akteuren innerhalb der derzeitigen Rahmenbedingungen
des Systems gelöst? Es ist eine hinlänglich bekannte
Tatsache, dass es vor allem Berufsschullehrer sind, die mit
Nebentätigkeiten in den Ausbildungsbetrieben die gezielte
Vorbereitung der Auszubildenden auf die Abschlussprüfung
übernehmen. Es ist auch nicht zu leugnen, dass ein Großteil
der Berufsschullehrer und -lehrerinnen ihren Unterricht stark
an den Vorgaben des AkA-Stoffkatalogs ausrichten und die Vorbereitung
auf die Abschlussprüfung dadurch zu optimieren versuchen,
dass sie im Unterricht die IHK-Prüfungsfragen der letzten
Jahre mehr oder weniger intensiv behandeln. Da bisher immer
ein Teil der Prüfungsfragen aus der AkA-Datenbank entnommen
wurde, stieg die Wahrschein-lichkeit einer erfolgreichen Abschlussprüfung
mit der Anzahl der gelernten bisherigen Prüfungsfragen.
Auswendiglernen und rein reproduktives Wissen stellte in der
Vergangenheit eine hinreichende Garantie für das Bestehen
der Abschlussprüfung dar. Das relativ gute Abschneiden
der so unterrichteten Schüler gab den Kollegen –
auch und vor allem in den Augen der Ausbildungsbetriebe –
bisher Recht. Insoweit gab es keinen Anlass, von dieser „bewährten
Praxis“ abzuweichen. Aus Sicht der Systemtheorie lässt
sich sagen: Das System war relativ stabil und es stabilisierte
sich immer wieder neu aufgrund der beschriebenen Mechanismen
und Abhängigkeiten.
Falls sich diese Tradition so fortsetzen
würde, blieben die Intentionen und Vorgaben des neuen
KMK-RLP und insbesondere auch die curricularen Entwicklungsarbeiten
des Modellversuchs CULIK weitgehend folgenlos für den
Berufsschulunterricht der angehenden Industriekaufleute. Es
wäre dann nicht zu erwarten, dass die Intentionen des
Modellversuchs CULIK und die durchaus vorzeigbaren bisherigen
Ergebnisse eine breitere Wirkung in den Schulen entfalten
werden.
Im Projektantrag für den Modellversuch
CULIK wurde darauf hingewiesen, dass mit der Verlagerung der
Curriculumarbeit an die Schulen im Zuge der neuen Rahmenlehrpläne
die Gefahr verbunden ist, dass sich angesichts der Offenheit
der Vorgaben und der Komplexität der Entwicklungsaufgabe
andere Regulative faktisch durchsetzen, nämlich konventionelle
Leitbilder eines stofforientierten Unterrichts, gestützt
durch die Fachsozialisation der Lehrkräfte, entsprechend
ausgerichtete Lehrbücher, Stoffkataloge und Prüfungsmodalitäten
der Ausbildungsabschlussprüfungen sowie die einschlägig
akzentuierten Lernerfahrungen und Unterrichtserwartungen der
Schüler.
Auf die hier aufgezeigten systemischen Zusammenhänge
wurde im Modellversuch CULIK bisher noch keine befriedigende
Antwort gefunden. Wir hoffen, dass dieser Workshop dazu beiträgt,
Antworten zu finden und vor allem auch, die richtigen Fragen
zu stellen und die Suchrichtung zujustieren. Die Zeichen stehen
gut, dass es jetzt auch im Ausbildungsberuf Industriekaufmann/-kauffrau
zu grundlegenden Änderungen kommen wird. Die Neuordnung
erzwingt auch eine Neugestaltung der Abschlussprüfung.
5 Neugestaltung der Abschlussprüfung
im Ausbildungsberuf
Industriekaufmann/Industriekauffrau
Die IHK-Abschlussprüfung für
Industriekaufleute ändert sich. Die Veränderungen
sind aufgrund der neuen Ausbildungsordnung zwingend. Die AkA,
der zuständige überregionale Fachausschuss und die
drei regionalen Aufgabenerstellungsausschüsse unterstützen
diese Neugestaltung auf verschiedene Weise. Folgende Veränderungen
zeichnen sich ab:
a) Handlungsorientierte
Prüfungsaufgaben: Die Prüfungsaufgaben sollen handlungsorien-tiert
sein, denn die Prüfung von Handlungskompetenz setzt handlungsorientierte
Prüfungs-aufgaben voraus. Diese Aussage wurde bereits
im September 1998 von der AkA gemacht.
b) Merkmale handlungsorientierter
Prüfungsaufgaben sind nach Auffassung der AkA folgende
fünf Eigenschaften:
1. Situationsvorgabe
2. Praxisorientierung
3. Adressatenorientierung
4. Aktivitätsorientierung
5. Prozessorientierung.
c) Klassifizierung der
Aufgaben nach Kompetenzen
Alle Aufgaben für die Abschlussprüfung werden nach
der Kompetenz, die sie prüfen, eingestuft. Dabei erfolgt
eine Aufteilung der Handlungskompetenz in die beiden Bereiche
- Fachkompetenz und
- Methodenkompetenz.
Alle Aufgaben, die die Lernzielstufe
Wissen ansprechen und nicht handlungsorientiert sind, werden
als reine Fachkompetenz (RF) eingestuft
Die Methodenkompetenz umfasst die eigentliche
Handlungskompetenz und enthält mehrere Handlungselemente;
sie wird weiter untergliedert in
1. Planung (P)
2. Durchführung (D)
3. Kontrolle (K) und
4. Sonstige Handlungselemente (SH)
Als sonstige Handlungselemente werden
von der AkA die ersten sechs Punkte des folgenden Schemas
von DÖRNER zum Problemlöse-/Entscheidungsprozess
betrachtet:
1. Problemdefinition
2. Zielformulierung
3. Analyse
4. Suche nach Lösungsalternativen
5. Bewertung von Lösungsalternativen
6. Entscheidung für eine Alternative
7. Planung
8. Durchführung
9. Kontrolle.
d) Abkehr von den bisher
dominierenden gebundenen, so genannten Multiple-Choice-Aufgaben
hin zu handlungsorientierten ungebundenen Mehrfach-Frage-Aufgaben.
Bereits für die kommenden Abschlussprüfungen nach
der neuen Ausbildungsordnung werden im Prüfungsbereich
Geschäftsprozesse die Mehrzahl der Aufgaben aus konventionellen
offenen Fragen bestehen, zu denen der Prüfling die richtigen
Antworten aufschreiben muss.
e) Vermehrt Verständnisfragen
statt der in der Vergangenheit vorherrschenden Wissens-fragen,
die auf die reine Fachkompetenz zielen. Dadurch sollen auch
„höherwertige“ Lernziele (z. B. gemäß
der Lernzieltaxonomie von BLOOM) angestrebt werden.
f) Situationsvorgabe
und stärkere Praxisorientierung durch Verwendung eines
Modellunter-nehmens. Ein Großteil der Aufgaben eines
Prüfungstermins bezieht sich auf das sämtlichen
Prüfungsaufgaben vorangestellte Unternehmen, das quasi
als Modellunternehmen fungiert, und greift idealtypische Handlungssituationen
auf der Ebene kaufmännischer Sachbearbeitung in diesem
Unternehmen auf.
g) Die Aufgaben
werden in Form von Fällen bzw. Fallsituationen gestellt.
Es werden praxisnahe Handlungs- und Entscheidungssituationen
geschildert, denen jeweils einzelne Teilaufgaben zugeordnet
werden. Eine Aufgabe, die jeweils mit einer Situationsbeschreibung
beginnt, kann mehrere (Teil-)Aufgaben, zwischen 4 und 10,
enthalten.
6 Leitfragen
für den Workshop 5:
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